Henry Ford

Henry Ford wurde als Sohn einer irischen Einwandererfamilie am 30. Juli 1863 in Dearborn bei Detroit geboren. Die Vorfahren Henry Fords ließen sich bereits 1832 in dieser rauen Grenzregion Michigan nieder und kauften dort eine wegloses, unkultiviertes Waldland, in dem Wölfe und Bären hausten, durch das noch Indianer pirschten und dessen Boden steinig war. Die Ford-Familie machte diese Land urbar.

Henry Ford’s Vater William selbst zog 1846 gemeinsam mit dem Rest der Familie nach der Kartoffelseuche in Irland wie Abertausende andere Iren in die neue Heimat jenseits des Atlantik.

Henry Ford behauptete von sich aus ärmlichen Verhältnissen zu stammen. Tatsächlich konnte man die Familie als Michiganfarmer als wohlhabend bezeichnen. Henry wuchs mit Werkzeugen als Spielsachen auf und war früh von der Idee gezeichnet, die schwerfällige Handarbeit am Land durch Maschinen einfacher zu gestalten. Nach eigener Aussage wichtigstes Ereignis in Henry Ford’s Kindheit war die Begegnung mit einer primitiven fahrbaren Dampfmaschine, die für den Antrieb von Dreschmaschinen und Sägemühlen verwendet wurde. Das Zweitwichtigste, das noch in das gleiche Jahr fiel war das Geschenk einer Uhr, die sein besonderes Interesse an Urwerken hervorrief. In weiterer Folge nahm Henry mit 17 Jahren die Lehrstelle bei einem Juwelier und Uhrmacher an. Henry konstruierte in dieser Zeit Uhrwerke mit dem Ziel eine Billiguhr zu produzieren, gab aber dann die Idee wieder auf. Grund war, dass nicht alle Menschen Uhren brauchen, bzw. noch wichtiger diese kaufen würden.

Nach seiner Lehre 1879 fand Henry Arbeit als Sachverständiger für Montagen und Reparaturen von Lokomobilen. Da diese Maschinen zu dieser Zeit sehr schwer und vom Betrieb sehr teuer waren, konstruierte Henry Ford in der elterlichen Werkstatt mühelos einen universellen Dampfschlepper der wesentlich leichter war. Die Form des Dampfantriebes war jedoch eine gefährliche Technik, da der Dampfkessel bei Unfällen jederzeit explodieren konnte. Daraufhin suchte Henry alternative Antriebstechniken und fand diese in Form eines kaputten Gasmotors (Ottomotor), den er wieder in Gang setzen konnte. 1888 heiratete Ford Clara Bryant. Er zog mit seiner Frau nach Detroit und beschäftigte sich in seiner Freizeit mit der Verfeinerung der Gasmotoren. 1892 war es soweit. Henry Ford hatte sein erstes Benzinauto gebastelt, was in Detroit eine Novität war. Zu dieser Zeit galten pferdelosen Wagen noch als Luxusspielzeug von reichen Exzentriker, daher gab es kaum eine Nachfrage.

1899 gründete Ford gemeinsam mit einer Gruppe unternehmungslustiger Männer die "Detroit-Automobil-Gesellschaft". Henry Ford nahm die Position des leitenden Ingenieur ein. Gebaut wurden die Fahrzeuge nach Ford’s erstem Modell. Die Fahrzeuge ließen sich aber schlecht verkaufen und sein Bemühen die erwirtschafteten Gelder wieder in Verbesserungen und Neuentwicklungen zu investieren, wurden von den anderen Inhabern nicht goutiert. Ford verließ daraufhin das Unternehmen und gründete 3 Jahre später die Ford-Automobil-Gesellschaft. Ford‘s Kredo und Firmenpolitik war der Dienst an der Gemeinschaft, sprich den individuellen Mitgliedern der Gesellschaft wie Männern, Frauen und Kindern von Detroit, den USA, der Welt. Er sah diesen Dienst nicht als Wohltätigkeit gegenüber den Mitmenschen sondern als Beitrag zur Verbesserung des Lebens des Individuums. Natürlich war dieser Weg mühsam, jedoch ist das einzig legitime Ziel der Arbeit Produktion. Nicht das schwere Schuften am Bauernhof, dass Henry selbst kennen gelernt hat führen zu Fortschritt. Auch nicht unproduktive Arbeit wie etwa der Handel oder das Bankgewerbe tragen zum allgemeinem Wohlstand bei. All das war laut Henry Ford Zeitverschwendung.

Ford vertrat die Thesen der ständiger Verbesserungen des Produkts, Senkung der Produktionspreise, größere Lebensdauer der Produkte, und Ersatz der menschlichen Arbeit durch Maschinenarbeit. Auch wenn manches widersprüchlich erscheint verfolgte Ford dadurch die Ziele ständiger Senkung der Fertigungszeiten, höhere Löhne, Abbau der Arbeitslosigkeit, höhere Gewinnausschüttung und höherer Absatz.

Ford glaubte fest daran, dass Industrielle, die diesen Thesen nicht nachgehen kurzfristig zwar Gewinn machen, längerfristig aber zum Scheitern verurteilt sind. Die Erfolge und die Zeit gaben ihm recht.

Je einfacher und genialer die Konstruktion, desto unkomplizierter ist die Fabrikation, und je einfacher diese, desto präziser und solider ist das Erzeugnis. Geringere Preise erhöhen den Umsatz. Das führt zu größeren Gewinn und erlauben höhere Löhne. Der Einsatz rationeller Fertigungsmethoden kommen dem Unternehmen unmittelbar zugute. Es wird expandieren und neue Arbeitsplätze können geschaffen werden. Ford‘s Ziele können sich auf ein Wort reduzieren lassen: Wachstum. Durch technische Bestleistungen wollte Ford das Vertrauen der Kunden langfristig gewinnen, und somit auch seine Marktposition ausbauen. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern versucht Ford sämtliche technischen Perfektionen in einem einzigen Universalauto zu integrieren. Ständige Verbesserungen von Fertigungsmethoden führen ganz von selbst auch zu besseren Produkten. 1905 gelang Ford durch Erfolge mit einem Rennwagen der Durchbruch. Mit 100.000 USD wurde eine Woche nach dem Triumph die Ford-Motor-Company gegründet. Ford kaufte mit den Jahren bis zu 58 Prozent der Anteile mit seinen Verdiensten auf. Ein dreistöckiges Fabrikgebäude wurde gebaut und mit der Serienfertigung aufgenommen. Ein Automobilservicenetz mit dem Ziel der direkten Dienstleistung wurde ins Leben gerufen. "Wer einen unserer Wagen erstand" berichtete Ford später, "hatte nach meiner Auffassung Anspruch auf dauernde Benutzung; wenn er daher eine Panne hatte, war es unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Wagen sobald wie irgend möglich wider gebrauchsfertig wurde ... Für die meisten teuren Wagen jener Zeit gab es keine Hilfsstationen."

1908 entfielen jährlich 3 Wagen auf einen Arbeiter, 1921 waren es bereits 20 Fahrzeuge. Diese Leistungen erlaubten es auch einen täglichen Mindestlohn von 5 Dollar, einen 8-Stundentag, bzw. die 5-Tagewoche einzuführen.

Nach dem ersten Weltkrieg kam es zu einer Krise basierend auf der mangelnden Kaufkraft der Bevölkerung und die Schwächung der Wirtschaft durch die Kriegsaufwendungen. Die Preise für Autos zogen an, einzig Ford senkte die Preise um 30 Prozent. Die Welt wunderte sich über die Vorgangsweise, da sowohl Materialkosten als auch die Lohnforderungen stiegen. War Ford ein Idealist rätselte die Presse, hat sich Ford bereits seit geraumer Zeit mit seinem Geld aus dem Unternehmen zurückgezogen ? "Es hat keinen Zweck zu warten, bis die Geschäfte wieder von selbst anziehen. Will ein Produzent seine Aufgabe wirklich erfüllen, muss er seine Preise herabsetzen, bis das Publikum sie zahlen kann und will ..." Ford verfolgte das ehrgeizige Ziel die Massenproduktion bis auf 100.000 Einheiten im Monat auszuweiten, um so weiter die Preise senken zu können. Weiter straffte er die Unternehmensorganisation, die durch die Kriegsaufträge und Abkehr vom Kerngeschäft mit vielen neuen Abteilungen aufgebläht war. Das Büropersonal wurde um die Hälfte reduziert, wobei das freiwerdende Personal großteils in Produktionsabteilungen wechselte. Weiter wurden die Telefonnetze auf das notwendigste reduziert, Vorarbeiterposten gestrichen, die Lagerhaltung verbessert. Die Betriebsunkosten pro Wagen wurden von 146 auf 93 Dollar pro Fahrzeug gesenkt. Der Erfolg war größer als vor dem Krieg, die Qualität der Fahrzeuge noch besser.

Heute ist diese Form der Rationalisierung selbstverständlich. Auch zu Henry Fords Zeiten war es üblich Spezialisten einzusetzen, die ein Produkt zur Gänze fertigen konnten. Die so organisierte Industrie war sehr lohnintensiv, da jeder Arbeiter alles machte. Weiter fehlten den Produkten die gleichbleibende Qualität und die Arbeiter waren durchwegs überqualifiziert. Durch die Teilung der Produktionsschritte und die Spezialisierung von Arbeiten auf Teilbereiche wollte Henry Ford seine Arbeiter entlasten und gleichzeitig die Produktion erhöhen, sprich sein Unternehmen in ein rationelles Fertigungsunternehmen verwandeln. Ford war auch einer der ersten Industriellen, die systematisch Werkstoff-Forschung einführte.

Der zentrale Gedanke Ford, die zur Entstehung der Fließbänder führten war, dass die Arbeiter, wenn irgend möglich, niemals mehr als nur einen Schritt tun sollten und nirgends zu dulden, dass sie sich bei der Arbeit zur Seite oder vornüber zu bücken brauchten.

Daher mussten:
  • Die Werkzeuge und Arbeiter in der Prozessfolge so angeordnet werden, dass möglichst geringe Wege zurückgelegt werden.
  • Einführung von Gleitbahnen oder anderen Transportmittel, damit die Arbeiter an ihrer Position zur Arbeitsverrichtung bleiben können.
  • Einsatz von Montagebahnen, um die zu fertigenden Teile zum und vom Arbeiter zu liefern.

Das Ziel, Entlastung des teuren Fachpersonals, Verminderung der Denktätigkeit der Arbeiter (daher rasche Einschulung neuen Personals möglich) und Reduzierung der Bewegung auf das Mindestmaß konnte so verwirklicht werden.

Die Montagezeit von Motoren konnte auf ein Drittel der ursprünglichen Zeit gesenkt werden, der Chassiszusammenbau sogar auf ein Zehntel.

Die Ford-Company selbst zergliederte sich nach und nach in eine Vielzahl einzelner Abteilungen. "Ich ahnte nicht", so Ford überrascht, "dass eine so streng durchgeführte vielfältige Teilung möglich war; aber mit der wachsenden Produktion der vermehrten Abteilungen hörten wir auf, Automobile zu produzieren und wurden eine Fabrik zur Herstellung von Automobilteilen." Die Ford-Company führte im Gegensatz zur Konkurrenz universell passende Ersatz- und Austauschteile ein. Die Fertigungsmethoden profitierten davon, die einzelnen Maschinen entwickelten sich rasch zu immer leistungsfähigeren Spezialgeräten und auch das Fachpersonal trug dazu bei, immer neue Fertigungsideen zu kreieren.

Ford gründete Tochtergesellschaften in aller Welt, die gerne von Wirtschaftswissenschaftlern als Beispiel besucht wurden. Heutige Betriebspsychologen geben dem Weg von Ford Recht. Je unkomplizierter eine Arbeit ist, desto seltener klagen die Betroffenen über den Arbeitsplatz, und desto weniger wollen sie wechseln. Routinearbeit entlastet das Gehirn derart, dass es sich während der Arbeit mit anderen Dingen beschäftigen kann. Und der immer gleiche Rhythmus der Arbeit ermüdet viel weniger als Arbeiten, die mehr Aufmerksamkeit erfordern. Belegt werden kann dies auch durch die relativ geringe Personalfluktuation zu dieser Zeit in den Fabriken von Henry Ford.

Sein Prinzip der Rationalisierung kann auf alle Branchen der Massenfertigung umgelegt werden. Als Beispiel zu dieser Zeit war Ford‘s Bemühen eine von ihm gekaufte Eisenbahngesellschaft umzuorganisieren. Aus einer defizitären Eisenbahn wurden durch Personalreduzierung, Abschaffung von Titel und Ämtern, Anhebung des Mindestlohns, Reduzierung des Verwaltungsapparates ein gewinnbringendes Unternehmen. So gesehen braucht das heute vorherrschende Eisenbahndilemma dringender denn je Leute wie Henry Ford.

So wie auch im Schulsystem (Henry-Ford-Gewerbeschule) griff er auch in den Bau des Detroit Allgemeinem Krankenhaus ein. Man bat Ford den Bau zu subventionieren. Dieser lehnte aber mit der Begründung ab, dass keiner die wahren Baukosten nennen konnte. Ford übernahm das Projekt in Eigenregie und begann, seinen eigenen, typischen Führungsstil auch der Klinik aufzuprägen. Ein Maximum an Diensten für ein Minimum an Kosten. "So wie die heutigen Krankenhäuser verwaltet werden", resümierte Ford "ist es durchaus nicht klar, ob sie für die Patienten oder für die Ärzte existieren". Das Krankenhaus wurde durchorganisiert, so dass das Pflegepersonal geringe Wege zurücklegen musste, die Ärzte stellten Diagnosen unabhängig voneinander, Patienten erhielten Einzelzimmer und die Tarife für die Leistungen waren minimal.

Der "Fordismus" wurde in der ganzen Welt bekannt und diskutiert. Fords Beweggründe, der 1947 im Alter von 84 Jahren starb, seine Hingabe für die Dienstleistung und sein völlig zurückgetretenes pekuniäres Interesse sind jedem primär auf finanziellen Gewinnen Erpichten wohl heute noch suspekt. Aber der Erfolg zählt, und jedes heute tätige Großunternehmen arbeitet nach den von Ford eingeführten Fertigungspraktiken.


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